Blindheit und Videospiele? – Barrierfrei Zocken

Blindheit und Videospiele scheinen für viele Menschen nicht kompatibel zu sein, da der visuelle Sinn doch oftmals eine große Rolle spielt. Unter blinden und sehbehinderten Personen ist Gaming jedoch ein genauso großes Thema wie unter sehenden Menschen. Das Interesse mit Blindheit Videospiele zu zocken und sich in die Welt der Videospiele entführen zu lassen ist da.

Inhaltsverzeichnis

Mit Sehbehinderung oder Blindheit Videospiele spielen ist aufgrund der Definition von Blindheit, Barrierefreiheit und individuelle Lösungen wie Live-Audiodeskription, zusätzliche Hilfen durch das Smartphone, Sehrest oder o.ä. Der DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.) hat eine Liste zur Verfügung gestellt, die Online Spiele für blinde und sehbehinderte Menschen vorstellt. Dabei handelt es sich um einige Spiele für IOS und Android oder auch Spiele für den Computer (auch für Kinder zum Hören und Fühlen).

Vergleichbar mit den Videospielen für Konsolen sind diese jedoch nicht. Vor allem, da die Auswahl deutlich eingeschränkt ist. Wer für Videospiele nicht genügend Restsehen hat, dem wird es in diesem Bereich ohne barrierefreie Funktionen oder Unterstützung oft erschwert. Fehlende vollständige Barrierefreiheit und Repräsentation zeigen, dass behinderte Menschen in diesem Bereich selten mitgedacht werden. Gerade als blinde und sehbehinderte Person, werden einem oft visuelle Hobbys abgesprochen oder gar nicht erst zugetraut. Barrieren gibt es für Interessierte genug. Und das in einer Zeit, in der Videospiele zum Alltag vieler Menschen gehören: Laut Statista spielen rund 50% der Deutschen (80% der 16 – 29-Jährigen) Computer- und Videospiele. Die Nintendo Switch implementierte bereits die Funktion des Zooms, der jedoch während des Spielens kaum realistisch einsetzbar ist.

Mit der PS5 ändert sich nun einiges. Denn hier wird deutlich, dass Sony nun auch weitere Lebensrealitäten einbindet. Einstellung zur Barrierefreiheit wie:

  • Text vergrößern
  • Invertieren
  • Kontraste erhöhen und Bewegung reduzieren
  • Screenreader
  • Unterteil
  • Chat-Transkription
  • Vibrieren des Controllers
  • Tastenbelegung ändern

machen deutlich, dass die Nutzung auch für sehbehinderte und blinde Nutzer*innen vorgesehen ist.

Doch auch, wenn die PS5 so im Menü bedient werden kann, so fehlt es an vollständig barrierefreies Spielen, um mit Blindheit Videospiele zocken zu können. Denn die Funktionen der PS5 greifen nicht automatisch auf die Spiele zu. So bleibt es oftmals bei der Bedienung des Menüs. Wer auf die Funktionen der Barrierefreiheit angewiesen ist, möchte auch, dass dies von den Spielen unterstützt wird. Nur mangelt es an dieser Stelle an den möglichen Spielen. Ob es also als ein Zeichen dafür zu sehen ist, dass die Teilhabe von behinderten Menschen in dem Bereich anerkannt und beachtet werden wird, bleibt erstmal zu hoffen.

Von „Naughty Dog“ erschien am 2. September “The Last of Us“ Part I als Remake. Das Spiel soll an den 2. Teil angelehnt sein und eine ebenso gute Grafik besitzen und ebenfalls einige Funktionen zur Barrierefreiheit enthalten. Sony Interactive Entertainment gibt bekannt, dass es 3 Voreinstellungen gibt (Motorik, Sehen & Hören) und über 60 verschiedene Funktionen wie: Audiodeskription, haptisches Feedback und weitere Anpassungen. So soll es auch möglich sein, sehbehindert oder blind zu zocken.

Sehen:

  • Screenreader
  • Audiodeskription (Filmsequenzen)
  • Einstellungen im Kampf
  • Rätsel überspringen
  • Unsichtbarkeit ein/aus
  • Navigations- und Überquerungshilfe
  • Verbesserter Lauschmodus
  • Automatisches Zielen
  • Überquerungs- und Kampfhinweise
  • Kontrastreiche Anzeigen
  • Skalierung der Benutzeroberfläche

Hören

  • Unterteil
  • Haptisches Feedback
  • Vibrationshinweise (Kampf; Gitarre)
  • Aufforderung zum häufigen Ausweichen
  • Mittteilungen für Funde

Motorik

  • Kamerahilfe
  • Navigations- und Überquerungshilfen
  • Automatisches Wechseln von Waffen; Zielen; Aufheben
  • Vorsprung-Schutz
  • Unendlicher Atem
  • Rätsel überspringen
  • Statt Tasten wiederholt drücken gedrückt halten

Zurzeit ist das Spiel nur für die PS5 erhältlich, welche zurzeit schwer erhältlich ist. Sony veröffentlicht, dass jedoch mehr Spiele für den PC herausgebracht werden sollen. Zurzeit wird es sich dementsprechend kaum lohnen in eine Konsole zu investieren, die noch nicht über genügend barrierefreie Spiele verfügt. Naughty Dog gibt bereits an, dass das Spiel für den PC bereits in der Entwicklung steckt. Ein Erscheinungsdatum ist unbekannt. Fraglich bleibt, wieso das Spiel nicht gleichzeitig für den PC herauskam, wenn es solch barrierefreie Funktionen besitzt.

Blindheit und Videospiele

Dabei ist dies nicht der erste und einzige Schritt Richtung Teilhabe. Bereits „Last of Us 2“ verfügte über diverse Einstellungen zur Barrierefreiheit und wir dürfen uns auch über den neuen Teil „God of War“ freuen, der im November erscheinen soll. Trotzdem fällt auf, dass es immer noch zu wenig Spiele sind, die Menschen mit Behinderung beachten. Sony führt auf seiner Internetseite verschiedene Spiele unter dem Punkt Barrierefreiheit auf. Vergleichbar mit den Einstellungen von Last of Us Part I (Remake) sind diese jedoch nicht. 15 Spiele sind dort aufgelistet. Ausgeprägte Modi wie bei The Last of Us Part I sind nicht vorhanden. Meist handelt es sich bei den Spielen um Kontraste und Untertitel.

Barrierefreiheit in Spielen bietet eine neue Perspektive auf Teilhabe und Inklusion, mehr Verbindung in einer Welt, in der Videospiele zu einer normalen Freizeitbeschäftigung gehören und verringern den Ausschluss in diesem Bereich. Barrierefreiheit ist immer noch die Vorrausetzung für teilhabe, ein Menschenrecht, das viel zu selten umgesetzt wird. Oftmals auch daher, dass die Perspektiven von behinderten Menschen nicht einbezogen werden oder schlicht vergessen/ignoriert werden. Barrierefreiheit und Repräsentation sind für einen selbstverständlichen Umgang mit dem Thema Behinderung essenziell.

Audiodeskription?

Das Spiel startete direkt mit einer Videosequenz, die wie versprochen durch Audiodeskription unterstützt wurde. Durch Audiodeskription werden Handlungen und visuelle Inhalte beschrieben und ich konnte den Sequenzen auch blind folgen. Aber nicht alle Szenen wurden mit Audiodeskription versehen. Bei „Was ist das“, Werkzeugen, Fotos oder auch in den Zusatzinhalten, stellte ich mir oft diese Frage. Zum Beispiel in einer Szene zwischen Riley und Ellie, in der Riley fragt: „Möchtest du auch?“. Als blinde Person, wird man in diesem Moment nicht aufgeklärt und soll auf Grundlage dieser fehlenden Informationen nun eine Entscheidung für Ellie treffen. Wir mussten es also dankend ablehnen.

In einem der wahrscheinlich schönsten Momente des Spiels, blieb man ebenfalls unwissend. Als Ellie und Joel auf die Giraffen treffen und diese streicheln. Erst als Joel allein am Geländer steht, wird man darüber aufgeklärt, dass die Herde nun weiterzieht. Schade, dass man vorher nicht wusste, dass die Herde überhaupt da ist.

Last of Us ist auch für die Umgebung und die verschiedenen Infizierten bekannt, die zwischendurch auch noch beschrieben werden könnten.

Screenreader

Durch den Screenreader wurden Notizen, das Menü zur Navigation und Hinweise vorgelesen. Optimal wäre es gewesen, sich die Gesundheitsanzeige auch ansagen zu lassen, um sich notfalls zu versorgen und nicht beim nächsten Schlag tot umzukippen.

Tasten drücken – aber wie?

Wann man welche Taste zu drücken hatte, wurde durch verschiedene Sounds unterschieden. Egal ob Kreis, Dreieck oder Viereck – Jede Taste bekam ihren eigenen Sound.

Es wurde zwar automatisch auf sichtbare Gegner gezielt, jedoch unterschied sich der Körper durch einen dumpfen Sound und der Kopf durch einen helleren Sound. Dies heißt aber nicht, dass man unsterblich war, einem nie die Munition fehlte und jeder Schuss ein Treffer war. Hilfreiche Tipps gab es nach dem Tod vorgelesen.

Gegenstände sammelte Joel automatisch ein, über welche man auch informiert wurde. so dass man wusste, was man gerade gesammelt hat.

Navigationshilfe

Die Navigationshilfe war gerade für mich als blinde Person eine wichtige Funktion. Mit dem Drücken von L3 erschien ein Sound und man steuerte automatisch in die angegebene Richtung weiter. Visuell wurde dies durch einen Pfeil dargestellt. Beim Erreichen des Pfeiles erklang ein weiteres Geräusch und man wusste, dass man erneut L3 zu drücken hatte. Praktisch, um nicht nur gegen Wände zu rennen. In Kampfszenen war das Ziel die Gegner zu töten. Hierfür wäre es schön gewesen, dass die Navigation weiterhin aktiv ist,um einen zu einem Schutzwall zu navigieren. Sonst hockt man auf offener Fläche als Zielscheibe. Oftmals wäre es effektiver gewesen, Gegner zu umschleichen und sich von hinten langsam auszuschleichen.

In schnellen Szenen wie beispielsweise beim Reiten wurde es aufgrund der Geschwindigkeit trotzdem schwierig. So schnell konnte ich kaum L3 drücken, wie ich schon im Baum hing. Außerdem wurde immer der kürzeste und nicht der sinnvollste Weg angezeigt.

Joel sammelte zwar Gegenstände automatisch ein, jedoch konnte man sich mittels Lauschmodus zu Gegnern und Gegenständen navigieren lassen.

Ich hätte mir aber gewünscht, mir eine Werkbank markieren zu können, denn da diese nicht das Ziel war, wurde man nicht zu ihr zurück navigiert.

Blindheit und Videospiele: The Last of Us Part I

Für mich ein klarer Daumen nach oben. Nicht nur, dass auch blind zocken ermöglicht wird, sondern es werden behinderte Menschen mitgedacht. Ich hatte die Möglichkeit das Spiel blind selbstständig zu zocken. Auch, wenn es an einigen Stellen noch ausbaufähig ist, so war es ein Spielerlebnis, bei dem ich jederzeit wieder einen Controller in die Hand nehmen würde. Zu hoffen bleibt ebenfalls, dass sich die Serie ein Beispiel an den Einstellungen genommen hat.

Feedback zu TLoU

Quelle:

Eurogamer

Statista

DBSV

Playstation

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