Viele neue Bücher, wichtige Informationen zur Barrierefreiheit rund um die Buchmesse und wie sieht es eigentlich mit blinden Protagonist*innen in Büchern aus oder mit blinden Autor*innen? Viele Eindrücke, mit denen ich mich am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse beschäftigt habe.
Inhaltsverzeichnis
- Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Barrierefreiheit (Die Messe)
- Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Barrierefreiheit (Verlage und Bücher)
- Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Marginalisierte Gruppen
- Vergleich mit BuchPassion
Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Barrierefreiheit (Die Messe)
Die Messe hat mich persönlich durch die verschiedenen Angebote zur Barrierefreiheit beeindruckt. Denn selten erlebe ich auf Veranstaltungen nur ein gleichwertiges Angebot, damit die Teilhabe vieler Menschen gesichert ist. Ich habe mich an dieser Stelle gegen den Ausdruck „alle“ entschieden, da Barrieren sehr unterschiedlich sind. Daher habe ich mich für eine Auflistung der Angebote entschieden. Eines der Angebote hätte meine Teilnahme an der Messe ohne Begleitung gewährleistet.
- Direkt freier Eintritt für sich und die Begleitperson für Personen, die einen Rollstuhl nutzen oder das Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis vermerkt haben
- Bei Sehbehinderung oder Blindheit: 2-Stundiger Begleitservice
- Für blinde und sehbehinderte Menschen gab es eine spezielle Führung durch den Ehrengast Pavillon
- Tastmodell der Halle
- Ausgewählte Veranstaltungen wurden in deutscher Gebärdensprache übersetzt
- Behindertengerechte Toiletten in allen Hallen
- Erwerb des Euro-Schlüssels möglich
- Hallenpläne in der App verzeichnen Aufzüge, WCs und der öffentlichen Sitzareale
- Verleih von Rollstühlen und Elektro-Scootern
- Zudem war ein Awareness Team vor Ort, das man bei Diskriminierungserfahrungen aufsuchen konnte
- Barrierefreie Restaurants
Hier wurde eine Fokusgruppe zum Thema „Barrierefreiheit“ gegründet sowie eine Taskforce Barrierefreiheit des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Mehr dazu bei der Selbstverpflichtung zur Barrierefreiheit der Frankfurter Buchmesse.
Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Barrierefreiheit (Verlage und Bücher)
Durch die EU-Richtlinie (European Accessibility Act), die in Deutschland in das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt wurde, müssen E-Books, E-Reader, Onlineshops ab dem 28. Juni 2025 in der Praxis barrierefrei sein. Einen Tag, den ich sehnsüchtig erwarte. Denn barrierefreie Ebooks finde ich sehr selten. Gerade, da in der Welt der Fantasybücher Bücher sehr häufig mit Zeichnungen versehen sind, die jedoch keinen Alternativtext besitzen. Immer wieder Momente, in denen mir in Büchern das Wort „Bild“ entgegengeworfen wird, ohne dass ich an dem Bild teilhaben kann.
Durch den Vortrag „barrierefreies ePub und PDF in der Praxis“ von der abavo GmbH habe ich gelernt, dass genau dies möglich ist. Alternativtexte können in Ebooks ganz selbstverständlich eingepflegt werden. Mittlerweile gibt es verschiedene Apps, die Bilder für einen beschreiben können. Apps, die ich als blinde Person selbst nutze, um mir Bilder beschreiben zu lassen und selbst die Barrierefreiheit auf meinen Social-Media-Kanälen gewährleisten zu können.
Enttäuschend an einem so wichtigen Vortrag war jedoch, dass
er in der Halle an dem Stand stattfand. Was war daran problematisch?
- Wichtige Vorträge sollten auf Hauptbühnen stattfinden
- Der Vortrag war nicht barrierefrei (keine Gebärdensprachdolmetschung oder Übersetzung der visuell gezeigten Inhalte)
- Wenig Platz vor dem Stand
- Schwierigkeiten bei der Konzentration, durch den Geräuschpegel in der großen Halle
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Weitere Veranstaltungen:
- 16:10: 12 Veranstaltungen (Eröffnungstag)
- 17.10: 10 Veranstaltungen (Pressetag)
- 18.10. 4 Veranstaltungen:
- 19.10: 3 Veranstaltungen
- Veranstaltungen und Angebote zum Thema Barrierefreiheit
Blind auf der Frankfurter Buchmesse: Marginalisierte Gruppen
Wenn wir über die Frankfurter Buchmesse sprechen kommen wir jedoch nicht drumherum auch über marginalisierte Gruppen zu sprechen, die sich auf der Buchmesse nicht sicher fühlen können.
Seit mehr als 40 Jahren setzt sich die Franfurter Buchmesse „literarische Stimmen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Arabischen Welt im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen“.
Auch für gefährdete Autor*innen setzt sich die Frankfurter Buchmesse ein. Schriftsteller*innen und Verleger*innen, die aufgrund ihrer Publikationen verfolgt werden. Daher werden Schriftsteller*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen als Sprecher*innen eingeladen, die in ihrem Heimatland verfolgt werden.
Um den Schutz von gefährdeten Personen zu garantieren, wird eng mit dem Sicherheitsdienst der Messe Frankfurt und der Polizei zusammengearbeitet. Polizei in Zivil und Uniform sind auf der Messe unterwegs. „Häufig gestellte Fragen
Ihre Werte zeigt die Frankfurter Buchmesse durch ihre Themenschwerpunkte und eingeladenen Sprecher*innen bei eigenen, kuratierten Bühnen und Programmen. Zu diesen gehörten 2022 die Eröffnungspressekonferenz und Eröffnungsfeier, der Frankfurt Pavilion, das BOOKFEST, die Fachveranstaltung Frankfurt Kids Conference: Transform Diversity und die digitale Event-Reihe The Hof. Für diese Programme lädt die Buchmesse Sprecher*innen ein, die drängende gesellschaftliche Themen adressieren. In den vergangenen Jahren wurden u.a. Chimamanda Ngozi Adichie, Bernardine Evaristo, Wajdi Mouawad, Salman Rushdie und die Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk eingeladen, um auf der Buchmesse bei kuratierten Veranstaltungen zu sprechen. „Die Sicherheit unserer Besucher*innen und Aussteller hat für uns höchste Priorität.“
„Die Frankfurter Buchmesse verurteilt jede Form von politischem oder religiösem Extremismus, Rassismus und jede Form von Diskriminierung.“ Dennoch finden Rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse statt. Hier sind die Aussagen und Handlungen sehr ambivalent. Wobei die Frankfurter Buchmesse ihr Handeln damit begründet, dass sie aufgrund ihrer Monopolstellung als größte internationale Leitmesse im Publishing, kartellrechtlich gezwungen, alle Verlage, Dienstleistende, Organisationen und Unternehmen als Aussteller*innen zuzulassen, die nach deutschem Recht nicht verboten sind.
Dabei steht dies nicht zum ersten Mal in der Kritik:
- Frankfurter Buchmesse: Wie rechte Verlage ihre Bücher präsentieren
- Rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse: Pseudo-Diversität zugunsten faschistischer Literatur
- Statement Alina Buschmann
Rechte Menschen, deren Leitbild gegen die Demokratie und marginalisierte Gruppen geht. Nicht umsonst finden wir immer wieder Überschriften wie: „Lebenshilfe: Die jüngsten Wahlergebnisse machen Menschen mit Behinderung Angst“ oder „Wer AfD wählt, wählt gegen uns“ Gruppen die diskriminieren, etwas gegen das die Frankfurter Buchmesse ist und dennoch auf der Buchmesse stattfinden. Mehr zu dem Thema
Vergleich mit BuchPassion
Nach der Frankfurter Buchmesse war mir klar: das soll nicht die letzte Buchmesse gewesen sein. Im Kalender fand ich für den 02. November direkt die BuchPassion eingetragen. Sehr optimistisch fragte ich danach, ob es für blinde Menschen einen vergleichbaren Service geben würde, bevor ich mich anderweitig auf die Suche nach einer Assistenz begeben würde. Denn durch Inklusion muss Laut sein sind mir Buddys ein Begriff. Auf der Internetseite der BuchPassion sind keine Informationen zur Barrierefreiheit oder Behinderungen angegeben. Daher stellte ich danach auch noch die Frage, ob es Regelungen für das Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis geben würde. Die Tickets waren nicht zu teuer, aber es macht für mich einen Unterschied, ob ich ein oder 2 Tickets kaufen muss. Bereits bei der ersten Mail habe ich mich schnell abgespeist gefühlt, doch nach dieser Mail wirklich unwillkommen: „auch die gibt es nicht. {…] Zwar sind wir barrierefrei für gehbehinderte Personen, allerdings nicht für sehbehinderte. Es gibt beispielsweise auch keine Bücher, die in Braille angeboten werden, daher fürchte ich, dass die BuchPassion leider nichts für Sie ist.“
Ich hatte nicht nach Büchern in Braille gefragt, denn:
- Ich bräuchte mehrere Koffer für 1-2 Bücher
- Sie wären unglaublich teuer in der Anschaffung
- Habe ich noch nie ein Buch in Braille gelesen
- Lese ich Printbücher und war auch davon ausgegangen, diese dort zu finden.
Ich war nicht schockiert darüber, dass die Person keine Ahnung über das Leben von blinden Personen hat, sondern dass direkt von einem Fakt ausgegangen wird, dass mir direkt gesagt wird, dass die Messe nichts für
mich ist, dass Inklusion hier nicht stattfindet. Das ist nicht die Bedeutung von Inklusion.
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