Wenn ich Bücher über ADHS lese, könnte ich mein Gesicht im Kissen vergraben und gleichzeitig vor Wut schreien und heulen. Ich werde an die Zeichen erinnert, die ich medizinischem Personal oder Lehrer*innen gegeben habe und die Niemand sehen wollte. Wut, Trauer und Erleichterung sind valide Gefühle nach einer ADHS-Diagnose.
Inhaltsverzeichnis
- Wut und Trauer nach ADHS-Diagnose
- Nach Wut und Trauer auch Erleichterung nach ADHS Diagnose
- Verleihe meiner Arbeit Flügel
- Was genau kann eure Hilfe eigentlich bewirken?
- Bleibe auf dem Laufenden
- Neuste Beiträge
Wut und Trauer nach ADHS-Diagnose
Ich denke an die Hilfe, die ich gesucht habe, und dass ich mich wie ein Alien gefühlt habe. Ich bin wütend, weil ich die ganze Zeit mit diesen Gefühlen aushalten musste, mir anhören musste, was viele Menschen mit ADHS-Gehirnen hören müssen.
Und ich bin wütend, weil mich einfach nie jemand gesehen hat. Dass ich immer wieder versuchte, mich anzupassen. Ich bin wütend, weil ich die Schuld immer bei mir gesucht habe. Ich war nicht „richtig“. Es kostete Kraft lieber Überstunden zu machen, weil ich die Zeit aufholen wollte, in der ich unkonzentriert war und Dinge so oft las, dass ich sie hätte im Schlaf hätte sprechen müssen.
Aber ich war still. Ich war das stille verträumte Mädchen. Still und verträumt wie man das von einem Mädchen erwartet. Wie es sich bei einem Mädchen gehört. Still und verträumt als stereotype Eigenschaften. Ichliebte Musik und es war nicht seltsam , wenn ich auf dem Tisch mit den Fingern trommelte. Die einfach mit dem Fuß wippte und ständig ihre Sitzposition änderte, obwohl sie still sitzen sollte, weil es andere nervös machte. Ich war die, die im Unterricht gebeten wurde, ihr Kaugummi auszuspucken, obwohl ich keines hatte und nur meinen Mund hin und her bewegte.
Ich war die verträumte Künstlerin, die auf eine Art und Weise gerne Neues lernte und nicht auffiel. Die Worte „sehr sozial“ standen zwar im Zeugnis, aber versteckt zwischen sehr guten Noten. Ich war unter dem Radar. Ich war einfach oft, wie man es von einem Mädchen erwartete.
Und dann fiel mir alles auf den Kopf, als ich auszog. Denn dann war ich auch die. die weniger an den Haaren spielen und im Gesicht kratzen sollte. Die überfordert mit dem Haushalt war und mit Strukturen, die sie sich selbst schaffen sollte. Und ich gehöre auch zu denen, die Depressionen und Angststörungen diagnostiziert bekommen haben. Und das macht hinterlässt manchmal Wut und Trauer – auch, wenn ich Erleichterung verspüre.
Ja, ich war 27, als ich meine ADHS-Diagnose bekam. Denn ADHS ist keine „Kinderkrankheit“. Und ja ADHS ist keine „Jungenkrankheit“. Auch wenn uns das Bild vom „Zappelphilipp“ etwas anderes sagen will und Forschungen Frauen so lange ignoriert haben. Es hängt etwas leichter sein können.
Nach Wut und Trauer auch Erleichterung nach ADHS Diagnose
Aber nicht nur Wut und Trauer sind mit der ADHS-Diagnose verbunden, sondern ebenso Erleichterung, Freiheit und Akzeptanz. Ich habe mich mein ganzes Leben lang falsch und wie ein Alien gefühlt. Zu oft, zu drüber, zu oft, zu viel und zu selten genug. Ich wollte so oft nicht, dass Menschen sehen, was für ein Chaos in mir herrscht.
Dieses Chaos, diese Unruhe wollte ich so oft irgendwie betäuben und zum Schweigen bringen. Und zu oft habe ich immer gedacht „Ich kriege nichts hin“. Ich spürte oft, wie die Wut in mir hochkochen, wenn mir Therapeut*innen sagten, ich sei „intelligent“. Denn ich sah, wie ich einfach täglich versagte.
Und in Gesprächen mit Ärztinnen, Therapeutinnen oder Psychiaterinnen kam immer folgendes heraus: Depression, Angststörung, Zwänge. Ich habe viel Zeit und Energie in eine Suche gesteckt, von der ich glaubte, dass sie mehr beinhalten würde. So oft hatte ich das Gefühl, da ist mehr. Da ist etwas, was ihr nicht sehen wollt. Das ist nicht die Antwort auf meine Frage. Das passt alles noch nicht richtig zusammen.
Und gerade als ich mich geschlagen gab und meinen Psychiater nach einer höheren Medikation fragte, weil die Konzentrationsstörungen einfach nicht weggehen wollten, fragte er nach meinem Alltag. „Das klingt nach ADHS. Ich überweise sie mal“. Moment ADHS. Ich?! Ich rief sofort bei der Klinik an und informierte mich in der Zwischenzeit immer mehr über ADHS. Und mir liefen einfach die Tränen übers Gesicht. „Ja, ja, ja, das ist es. Genauso fühle ich mich.“ So oft fand ich mich in den Worten anderer wieder. Ich fühlte mich endlich gesehen.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, verstanden zu werden, so wie ich noch nie verstanden wurde. Es fühlte sich an, als hätte ich für so vieles nun eine Antwort und könnte endlich aufhören, gegen etwas anzukämpfen und es zu unterdrücken. Das ist befreiend.
So vieles lässt sich plötzlich erklären. Als würde ich mich neu kennenlernen und so vieles endlich verstehen können. Als hätte ich endlich die Chance bekommen zu sagen: „Ich bin nicht falsch. Ich funktioniere nur anders. Und das ist okay. Ich habe ADHS.“ Und das tut unfassbar gut.
Verleihe meiner Arbeit Flügel
Was genau kann eure Hilfe eigentlich bewirken?
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