Um zu verstehen, was sich hinter dem Begriff der Blindheit versteckt, ist es wichtig zu begreifen, dass es sich bei der Blindheit nicht um das gesellschaftlich verstandene Phänomen des „Nichts-Sehens“ handelt. Im folgenden erkläre ich die Definition von Blindheit.
Inhaltsverzeichnis
- Definition Sehbehinderung
- Ursachen für eine Sehbehinderung
- Definition Blindheit: Ein Lebensumbruch
- Was versteht man unter dem Begriff Ableismus?
- Verleihe meiner Arbeit Flügel
- Was genau kann eure Hilfe eigentlich bewirken?
- Bleibe auf dem Laufenden
- Neuste Beiträge
Sehbehinderungen können dabei im Laufe des Lebens erworben werden oder von Geburt an bestehen. Gründe können vielseitig sein:
- Erkrankungen
- Erbanlagen
- Unfall
- Psychische Erkrankung
Laut dem Statistischen Bundesamtes gab es am 31. Dezember 2021 in Deutschland:
- 66 245 blinde Menschen
- 43 015 hochgradig sehbehinderte Menschen
- 225 340 sehbehinderte Menschen
Der DBSV betrachtet diese Zahlen als gesicherte untere Grenze und geht von höheren Zahlen aus. Grund ist, dass in der Schwerbehindertenstatistik nur Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis erfasst werden, den jedoch viele sehbehinderte und auch einige blinde Menschen nicht besitzen.
Dies wird auch durch weitere Angaben bestätigt: Laut der WHO kann man davon ausgehen, dass 2004 1,2 Millionen Menschen mit einer Sehbehinderung oder Blindheit in Deutschland zu finden waren. Tendenz steigend (vgl. Maritzen u. Kamps 2013; S.1-2). Diese Daten und Fakten werden über die Landschaftsverbände und die Blindengeldanträge ermittelt. Es ist aber zudem möglich, dass es Menschen gibt, die solche Anträge nicht stellen und somit in die Daten nicht aufgenommen werden können (vgl. Thimm 1971; S.5).
Dabei unterscheidet man bei der Definition von Sehbehinderung zwischen einer Sehbehinderung, einer hochgradigen Sehbehinderung und Blindheit. Die Messungen werden immer mit dem besseren Auge durchgeführt und vor allem auch mit Brille oder Kontaktlinsen.
Definition Sehbehinderung
Eine Person gilt als wesentlich sehbehindert, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,3 beträgt oder wenn eine andere Störung der Sehfunktion von entsprechendem Schweregrad vorliegt (§ 1 VO zu § 60 SGB XII).
Hochgradig sehbehindert
Eine Person gilt als hochgradig sehbehindert, wenn sie nicht mehr als 0,05 (1/20) sieht oder wenn gleichartige Störungen des Sehvermögens vorliegen. Zu berücksichtigen ist ebenfalls ein eingeschränktes Gesichtsfeld. Zu prüfen ist, ob allein wegen der Sehminderung ein GdB von 100 vorliegt, jedoch noch keine Blindheit im Sinne des Gesetzes anerkannt wird.
Definition Blindheit: Blind im Sinne des Gesetzes
Als blind gilt eine Person, der das Augenlicht vollständig fehlt oder die auf dem besseren Auge oder beidäugig eine Sehschärfe von nicht mehr als 0,02 (1/50) besitzt (Teil A.6.a der Anlage zu § 2 VersMedVO).
Blindheit kann aber auch bei einer besseren oder auch vollständigen Sehschärfe vorliegen. Der Grund kann das Gesichtsfeld sein. Dabei kann es sich um eine Einengung handeln oder große Ausfälle im zentralen Gesichtsfeld. Weitere Gründe:
a) „bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 30 Grad vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben,
b) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15 Grad vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben,
c) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 7,5 Grad vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben,
d) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes auch bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5 Grad vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 Grad unberücksichtigt bleiben,
e) bei großen Ausfällen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50-Grad-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist,
f) bei einseitigen Gesichtsfeldausfällen mit Verlust des zentralen Sehens beiderseits, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30 Grad Durchmesser besitzt,
g) bei beiderseitigen Ausfällen mit Verlust des zentralen Sehens beiderseits, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene binokulare Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30 Grad Durchmesser besitzt. Blindheit im Sinne des Schwerbehindertenrechts und damit im Falle der Zuerkennung des Merkzeichens „Bl“ ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.10.2019 – B 9 SB 1/18 R) beschränkt auf Störungen des Sehapparats einschließlich der Sehrinde. Wer demgegenüber sehen, die visuellen Reize aber aufgrund einer Hirnschädigung nicht interpretieren kann, ist nicht blind.“
Ursachen für eine Sehbehinderung
Auch wenn sich die medizinischen Möglichkeiten in Deutschland stetig verbessern, so führen gerade im Alter die Makuladegeneration, gefolgt von dem Glaukom und der diabetischen Retinopathie zu einer Erblindung. Grundsätzlich gelten diese Ursachen für Menschen zwischen dem 40. – 80. Lebensjahr. Jüngere Menschen sind meist von einer Optikusatrophie betroffen. Auch eine häufige Erkrankung, die zu einer Sehbehinderung führen kann, ist die Retinitis Pigmentosa. Aber auch Unfälle oder der Katarakt können zu einer Erblindung im jungen Alter führen. Dabei darf man jedoch nicht außer Acht lassen, dass sich Krankheiten nicht an Altersgrenzen halten. Jede Erkrankung hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Auge oder auch auf weitere Körperfunktionen. Des Weiteren kann jede Krankheit in ihrem Verlauf unterschiedliche Auswirkungen haben.
Definition Blindheit: Ein Lebensumbruch
Gerade die abrupte Lebensveränderung durch eine Behinderung kann zu einem Lebensumbruch und zu einer Krise führen. Dafür können verschiedene Gründe ein Anlass sein. Das Leben als Mensch mit Behinderung in der Gesellschaft wird durch ableistische Strukturen erschwert und in einigen Fällen kann es vorkommen, dass man von der Teilhabe in einigen Bereichen ausgeschlossen wird. Man wird in einem Konstrukt geboren mit Werten und Normen, denen es als behinderte Person schwer ist zu entsprechen. In eine Welt, in der man davon ausgeht, dass Menschen bestimmte Fähigkeiten haben müssen. Und in einer Welt, in der vieles anhand der Leistungsfähigkeit bemessen wird. Da man selbst ableistisch sozialisiert wurde, kann eine Akzeptanz der Behinderung durch die eigene Einstellung geschwächt werden.
Vielen Menschen mit einer Behinderung fällt es jedoch schwer, eine gesunde Einstellung zu ihrer Behinderung zu erhalten und diese als Teil ihres Lebens zu akzeptieren, wenn sie es nicht schaffen, den gesellschaftlichen Normen zu entsprechen und einen Ausschluss seitens der Gesellschaft spüren.
Was versteht man unter dem Begriff Ableismus?
Ableismus ist die strukturelle Diskriminierung von behinderten, chronisch kranken und neurodivergenten Menschen. Menschen werden:
- auf ihre Behinderung reduziert
- als minderwertig angesehen
- Grenzen werden überschritten
- Vorurteile und Klischees bedient
- Eigenständigkeit abgesprochen
- Personen werden ausgeschlossen / ignoriert / nicht wahrgenommen
Es wird von einem “physischen Standard des Menschen“ ausgegangen, „den eine behinderte Person nicht leisten“ kann. Dem zugrunde liegen Produktivitäts-, Schönheits- und Gesundheitsnormen, die tief in der Gesellschaft verankert sind. Handlungen sind oft „gut gemeint“, doch nicht gut gemacht und werden daher als solche nicht wahrgenommen. Letztlich braucht es keine Intention für Ableismus.
Durch Diskriminierung wird eine Gruppe ungleich behandelt und strukturell benachteiligt. Damit Diskriminierung funktioniert muss eine Mehrheit vorhanden sein, die „soziale, wirtschaftliche, politische oder diskursive Macht“ hat.
Quelle
- DBSV (Zahlen-Fakren)
- Statistisches Bundesamt
- Ratgeber Recht für blinde und sehbehinderte Menschen Herausgeber: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. Berlin Überarbeitete Auflage, Stand: 03.12.2019
- Jandl, Ulrike (1996): DER BERATER. Möglichkeiten und Grenzen der Angehörigenarbeit in der Sonderpädagogik, NG Kopierladen GmbH, München.
- Dr. med. Maritzen, Astrid u. Dipl. –Ing Kamps, Norbert (2013): Rehabilitation bei Sehbehinderung und Blindheit, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg.
- Dr. Thimm, Walter (1971): Blind in der Gesellschaft von heute. Untersuchengen zu einer Soziologie der Blindheit, Herausgegeben von Professor Dr. Werner Boldt Direktor des Seminars für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik der Pädagogischen Hochschule Ruhr, Abteilung für Heilpädagogik in Dortmund, Berlin. Heft3,. Berlin/Charlottenburg.
- Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA). URL: https://www.idaev.de/recherchetools/glossar?tx_dpnglossary_glossary%5Baction%5D=list&tx_dpnglossary_glossary%5Bcontroller%5D=Term&tx_dpnglossary_glossary%5BcurrentCharacter%5D=D&cHash=c4fb7b9faf3e5d1c20c3bd2870ad4ec4 [Abruf: 18.12.2023]
- Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA). URL: https://www.idaev.de/recherchetools/glossar?tx_dpnglossary_glossary%5Baction%5D=list&tx_dpnglossary_glossary%5Bcontroller%5D=Term&tx_dpnglossary_glossary%5BcurrentCharacter%5D=A&cHash=db03e8e7651140c4a06cccad34a3d8df [Abruf: 18.12.2023]
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