Behindert und Neurodivergent: Inklusiver Arbeitsmarkt und Jobsuche

Auf dem Bild sind drei Personen in einem gemütlichen Raum zu sehen, der mit einem Tisch und Stühlen ausgestattet ist. Eine Frau mit blonden Haaren sitzt am Tisch und benutzt einen Laptop. Sie hält ein Glas in der Hand und scheint sich auf das zu konzentrieren, was auf dem Bildschirm ist. Neben ihr sitzen eine Frau mit langen braunen Haaren und ein Mann mit kurzen schwarzen Haaren und Brille, beide lachen. Die Frau mit den braunen Haaren trägt ein beiges Oberteil und der Mann trägt eine Jeansjacke. Auf dem Tisch stehen auch ein weiterer Laptop, ein Notizbuch und ein Glas. Im Hintergrund sind eine graue Wand und Pflanzen zu sehen. Die Stimmung wirkt entspannt und fröhlich.

Ob man seine Behinderung angibt, muss jede Person für sich selbst entscheiden. Für mich ist es ein inklusiver Arbeitsmarkt, wenn ich dies tun kann. Es gehört für mich zu einem inklusiven Arbeitsumfeld, dass ich offen über meine Bedarfe sprechen kann. Ich bin behindert und benötige dementsprechend einen Arbeitsplatz, der meinen Bedarfen gerecht wird. Ich kann nicht die Leistung und die Arbeitsstelle einer neurotypischen-nicht-behinderten Person ausfüllen. Durch Stigmatisierung und dem intimen Thema verstehe ich, wenn dies jemand vermeidet. Wir brauchen Entstigmatisierung.

Inhaltsverzeichnis

Ein inklusiver Arbeitsmarkt: Persönliche Erfahrungen

Mich würde es unter Druck setzen, den Anforderungen einer Lebensrealität gerecht zu werden, die nicht meine ist. Nicht selten glauben behinderte Menschen im Beruf, sie müssten doppelt so viel leisten.

  1. Optimal für mich ist eine Teilzeitanstellung.
  2. Ich brauche Fatigue-bedingte Pausen. Zur Mittagszeit liege ich im Bett. Meetings werden meist so geplant, dass sie nicht in dieser Zeit stattfinden. Da dies meine Kolleg*innen nicht wissen können, habe ich diesen Punkt angesprochen. Praktisch, dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann, wie ich kann. Auch dann, wenn ich merke, dass ich mich nicht auf Aufgaben fokussieren kann.
  3. Neue Aufgaben verschiebe ich um einen Tag, um meinen Ablauf nicht zu unterbrechen.
  4. Homeoffice ist für mich ein wichtiger Punkt. So spare ich Energie, die ich sonst schon auf Fahrten, fehlende Barrierefreiheit oder Mikroaggressionen verbrauchen würde. Außerdem liebe ich es als Autistin zu Hause alleine im Büro mit meinem Hund zu sitzen. Es nimmt mir Stress. Calls finden nie spontan statt, so dass es mich wenig überfordert.
  5. Für gewisse Abläufe erstelle ich Listen, damit ich diese nicht vergesse und weniger Flüchtigkeitsfehler passieren. Kolleg*innen bitte ich diese gegenzulesen, damit ich auch wirklich nichts vergessen habe. Bei meiner Arbeit herrschen ein wertschätzendes Klima und alle intimen Details, die ich über Diagnosen teile, werden nicht als selbstverständlich genommen. Letztendlich bleibt es mir überlassen, ob ich neue Diagnosen wie meine Autismus Diagnose teile oder ob ich nur über meine Bedarfe spreche. Hierfür muss natürlich die Bereitschaft stehen, sich den Bedarfen anzupassen und die passende Atmosphäre herrschen.

Nachteilsausgleiche

Nachteilsausgleiche gibt es bei der Mitteilung der Schwerbehinderung oder Gleichstellung. Auf diese bin ich angewiesen und teile diese daher immer gerne mit. Keine Mehrarbeit, Kündigungsschutz, zusätzlicher Urlaub und die Möglichkeit, früher den Renteneintritt zu erhalten. Ein großes Vorurteil ist jedoch oft noch, dass behinderte Menschen unkündbar sind. Kündigungsschutz bedeutet jedoch nicht, dass behinderte Menschen nicht kündbar sind. Dabei kann dies auch Unternehmen davon abhalten, behinderte Menschen einzustellen. Daher ist es wichtig zu wissen, was Kündigungsschutz bedeutet.

Inklusiver Arbeitsmarkt: Behindert und neurodivergent auf Jobsuche

Doch um erst einmal in dieser Situation zu sein, benötigt es eine Jobsuche. Dies ist der erste Schritt Richtung inklusiver Arbeitsmarkt dazugehört. Es benötigt barrierefreie Webseiten, auf denen behinderte Menschen eine Stelle suchen können sowie barrierefreie Stellenausschreibungen als PDF. Eines fällt jedoch zurzeit immer mehr auf: Remote wird langsam an einigen Stellen wieder abgebaut, was ein Rückschritt für einen inklusiven Arbeitsmarkt ist.

Aber auch einige Stellenbeschreibungen beinhalten irreführende Aussagen, was schwierig für neurodivergente Menschen sein kann. Diese benötigen oft klare Aussagen.

  • Oftmals finde ich Beschreibungen in denen Vollzeit angegeben wird. Jedoch findet man beim weiteren Lesen „auch Teilzeit möglich“.
  • Es wird remote angegeben, aber dann heißt es nur teilweise remote, somit eigentlich Hybrid
  • Es wird eine entspannte Arbeitsatmosphäre geboten aber Teamarbeit und Flexibilität großgeschrieben?
  • Es wird nach einem Profil gesucht, welches teilweise optional ist (Bewerben sie sich auch, wenn nicht alles auf Sie zutrifft). Was darf alles nicht auf mich zutreffen, damit ich mich bewerben kann? Was ist optional? Wieso ist es optional?
  • Aber auch Aussagen wie konzentriertes und detailliertes Arbeiten finde ich schwierig, wenn dazu noch Flexibilität und Spontanität erwartet werden.
  • Stellen werden auf verschiedenen Plattformen eingestellt über die man sich ebenfalls bewerben kann. Dennoch wird dies oft abgelehnt und auf eigene Bewerbungsmöglichkeiten hingewiesen. Aber ich kann mich doch auch hier über die Plattform bewerben? Es wird doch angeboten. Warum platziert man dann stellen woanders?
  • Auch werden oft Ausflüge als Benefit angegeben. Ausflüge, die mich als Autistin überfordern können, weil sie mich überreizen können oder weil es aus sozialen Gründen für mich zu schwierig ist und dennoch erwartet wird.

Zu viele Fachbegriffe sind für mich wie zu lange Stellenausschreibungen eher überfordert. Ich möchte auf den ersten Blick wissen:

  • Was wird gesucht?
  • Zu wann?
  • Was ist zu tun?
  • Was habe ich davon, bei dem Unternehmen anzufangen?

Wichtig ist, dass dies dort klar formuliert wird.

Inklusiver Arbeitsmarkt bedeutet bezahltes Arbeiten

Kannst du….

  • einen Vortrag halten?
  • Einen Post schreiben?
  • Uns Content zur Verfügung stellen?
  • An Projekten mitarbeiten?
  • Uns beraten oder wir ein Interview führen?

Oft genug trudeln Anfragen wie diese ein. Von mir wird eine zeitintensive Tätigkeit erwartet, Ratschläge und Beratung und eine Auseinandersetzung mit einem Thema, das manchmal auch Recherche benötigt.

Diese Arbeit wird oft kostenlos erwartet, denn das Budget ist für diese Arbeit nicht eingeplant worden. Während Menschen mit ihrer Expertise aus anderen Bereichen eine Vergütung erhalten, so wird die Arbeit von behinderten Menschen als „man darf ja die Erfahrungen teilen“, „es sei für mich ja auch Werbung“ und „schließlich tut man was Gutes, von dem man auch profitieren würde“ gefasst. Also, müsse ich dankbar sein.
Besser wäre es, die Arbeit von Behinderten Menschen wertzuschätzen, indem man sie bezahlt und ihre Expertise anerkennt. Für einige von Jan ist dies eine der wenigen Möglichkeiten, auf dem Arbeitsmarkt stattfinden zu können. Inklusion ist auch einfach, um behinderte Menschen gleichberechtigt am Arbeitsmarkt stattfinden zu lassen. Das ist ein inklusiver Arbeitsmarkt.

Behinderte Menschen als Expert*innen

Die Expertise, die ich teile, kommt von Recherche, von Auseinandersetzungen mit Themen, von Fortbildungen und meiner eigenen Erfahrung. Ihr wollt meine Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, die ich für andere Projekte oder bezahlte Arbeit nicht einsetzen kann. Ihr haltet meine Kompetenz für wertvoll genug, sie anzufragen, aber nicht für wertvoll genug, sie zu bezahlen?

Grundsätzlich finde ich es problematisch, einen Vortrag zum Thema Behinderung und Beruf halten zu sollen und dieser nicht honoriert wird. Das ist Teil des Problems! Paradoxerweise geht es in diesem Moment nicht.
Man muss sich auch fragen: wer arbeitet (ausgenommen Ehrenamt), umsonst. Wahrscheinlich wird niemand in eine Bäckerei gehen und Brötchen aufgrund von „ist ja eine tolle Erfahrung, die man teilt“ kostenlos erwarten.
Und es macht langsam wütend und frustriert, dass die eigene Arbeit nicht wertgeschätzt wird, man nicht ernst genommen wird und kostenlose Arbeit erwartet wird. Wenn ihr ein Budget zur Verfügung habt für andere Expert*innen, dann bezahlt auch behinderte Menschen für ihre Expertise. Plant uns von mit ein.
Ihr könnt meine (Aufklärungs-) Arbeit auf Steady unterstützen.

Gib meiner Arbeit Flügel

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Ich bin eine Inklusions-Aktivistin und um weiterhin auf diesem Blog aktiv zu bleiben, recherchieren und schreiben zu können, sowie um meine Aufklärungsarbeit fortzuführen, benötige ich eure Unterstützung. Meine Arbeit erfordert regelmäßige Aufklärungsarbeit, die oft mit Reisen, Interviews und der Bestellung von Büchern für Weiterbildungen verbunden ist. Stöbert durch meine aufklärenden und bewusstseinsfördernden Arbeiten auf verschiedenen Social-Media-Plattformen.

Kohle knapp, aber du möchtest dennoch Rückenwind geben? Dann schnapp dir diesen Artikel und lass die Welt wissen, dass du ein Fan meiner grandiosen Arbeit bist!

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Eine Antwort zu „Behindert und Neurodivergent: Inklusiver Arbeitsmarkt und Jobsuche“

  1. Gut geschrieben, Nadine. Ich zum Beispiel bin seit 2018 nach fünf Jahren wieder arbeitslos und habe immer noch keinen neuen Job. Dabei habe ich „nur“ eine Behinderung und sonst nichts. Im Kopf bin ich manchmal klarer als Menschen ohne Behinderung. 😉 Zum Glück habe ich noch meine Aufgaben in meinem grünen Ortsverband, in der Kommunalpolitik, im Dorfladen, für die Norderstedter Tafel und für das Hamburger Weihnachtskontor. Alles ehrenamtlich, aber immerhin. Und das ist für mich gelebte Inklusion. 🙂 Ansonsten weiß ich mich zum Glück auch ohne Job zu beschäftigen.

    Ein Job wäre natürlich schöner, aber ich habe jetzt meine Erwerbsminderungsrente beantragt, weil ich sowieso keine Chance mehr auf einen Job habe. Denn das Jobcenter zahlt aufgrund des ärztlichen Gutachtens sowieso keine Zuschüsse mehr an meine potentiellen Arbeitgeber. Und damit sinken meine Chancen auf einen Arbeitsplatz noch weiter gegen Null. In dem Gutachten steht, dass ich körperlich höchstens noch 15 Stunden in der Woche arbeiten könnte. Das stimmt wahrscheinlich auch, bedeutet aber auch, dass ich auf jeden Fall eine Erwerbsminderungsrente beantragen muss. Aber ob die Rentenversicherung die Erwerbsminderung wirklich anerkennt, ist noch fraglich. Selbst wenn sie ja sagt, fehlen mir immer noch fünf Jahre, in denen ich in die Rentenversicherung einzahle. Mit dem Bürgergeld würde ich nichts einzahlen, wenn ich beim Jobcenter bleibe. Du siehst also, das ist alles gar nicht so einfach.

    Lorenzo

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