Interview mit The Blind Bull

The Blind Bull steht vor eienr Menschenmenge. Er trägt eien Sonnenbrille, eine Cap und zeigt das "Peace"- Symbol mit den FIngern. In der anderen Hand hält er einen Langstock

Heute möchte ich euch mit einem Interview mit The Blind Bull einen weiteren Inklusionsaktivisten mit dem Schwerpunktthema Barrierefreiheit vorstellen. The Blind Bull spricht auf seinem Account über „kleine bis große Hindernisse sowie persönliche Einblicke, in die Welt eines stark Sehbehinderten.“ Er spricht über Querungen, Barrieren, Haltestellen, Hilfsmittel und Bahnhöfe. Erfahrt in diesem Interview mit The Blind Bull mehr über seine Arbeit und Motivation.

Inhaltsverzeichnis

Portrait von The Blind Bull mit den Worten "Interview mit The Blind BUll"
Interview mit The Blind Bull

Hallo Alex. Ich freue mich sehr, heute ein Interview mit dir führen zu dürfen. Ich bin auf dich durch deine Social Media Beiträge auf deinem Account The Blind Bull aufmerksam geworden und verfolge diese sehr gerne. Da Draußen wird es aber bestimmt Menschen geben, die dich noch nicht kennen. Magst du dich und deine Arbeit einmal vorstellen?

Hallo Nadine. Erst einmal vielen Dank für die Interviewanfrage. Gern beantworte ich dir deine Fragen. Ich fange mal mit einem fröhlichen Moin, ich komme aus Schleswig-Holstein, zur Begrüßung an. Zu meiner Person: Ich bin ein Kind der 80er Jahre, habe 2 Brüder und stamme ursprünglich aus der Nähe von Lüneburg in Niedersachsen. So weit ich mich erinnern kann, waren meine Augen nicht die besten, was natürlich nur ein subjektiver Eindruck ist. Nach der Schule, der Ausbildung zum Informatikkaufmann und dem Führerschein schlug dann meine Augenerkrankung zu. Ich lebe mit Retinitis pigmentosa (RP), Mouches Volantes und Doppelbildern. Ihr könnt euch das in etwa so vorstellen: Räumliches Sehen ist gleich null, nur das zentrale Sehen bleibt noch. Quasi wie durch einen Strohhalm. Dieser leicht verschwommene Blick führt dann durch einen Mückenschwarm, der sich dauerhaft bewegt. Auch bei geschlossenen Augen. Und das Ganze dann noch doppelt. Ja, das klingt nicht nur anstrengend.

Aufgrund meiner RP habe ich 2012 die Blindenschrift erlernt und dabei meine heutige Frau kennen und lieben gelernt. Seit 2013 wohne ich in Laboe, an der Kieler Förde. Sie ist gänzlich blind und wir haben seit 2014 einen kerngesunden Sohn. Seit Ende 2022 reicht mir das Leben als „Hausfrau“ nicht mehr aus. Die ständigen Einschränkungen in der Gesellschaft nahmen zu und das brachte mich dazu, den Blind Bull ins Leben zu rufen. Ich möchte, unter diesem Synonym im Internet, auf Barrieren hinweisen, Bewusstsein für Sehbehinderungen schaffen, Aufklärung zum Thema Sehbehinderung betreiben und aktiv für Inklusion sein. Ihr dürft mich sehr gern online und auch offline besuchen kommen.

Meine Hobbys sind Musik (am liebsten live) hören, Ukulele spielen, schnacken mit de Lüüt, Freunde treffen, Kino und Sport. Leider ist der Sport, aufgrund der Sehbehinderung, ein wenig ins Hintertreffen geraten. Aber ins Fussballstadion gehe ich noch immer gern.

Aufklärungsarbeit findet mittlerweile immer mehr auf Social Media statt. Wie bist du darauf gekommen, ebenfalls Aufklärungsarbeit leisten zu wollen und dies über Instagram zu tun? Was sind deine Themen?

Wie ich gerade eingangs erwähnte, bin ich ebenfalls von einer Sehbehinderung betroffen und meine Frau ist blind. Leider fehlt es in der Gesellschaft häufig an fehlendem Wissen bzw. der Aufklärung über Sehbehinderungen und deren Folgen im Alltag. Und das möchte ich durch die Arbeit ändern. Meine Themen sind Barrierefreiheit, Inklusion und Selbstbestimmung. Diese drei starken Wörter sind eng miteinander verknüpft

Ich habe mit Instagram angefangen, da ich hoffe, so am meisten Menschen zu erreichen. Und da ich alles in Eigenregie und allein erstelle, nimmt das schon sehr viel Zeit in Anspruch. Ich habe ja auch noch unseren Lütten und meine Frau, die möchte ich nicht vernachlässigen und stehen für mich absolut an erster Stelle. Wenn es mir aber in den Kopf kommt, baue ich das noch auf weitere Medien aus. Mal sehen, was die Zukunft so bringt.

Offline ist auch das ein oder andere in der Planung. Dazu sage ich aber noch nichts. Das könnt ihr, wenn alles klappt, in naher Zukunft lesen.

Was ist erforderlich, damit deine Aufklärungsarbeit auf Social Media stattfinden kann und was würdest du dir wünschen?

Das Wichtigste ist die Rückendeckung meiner Familie. Ohne sie würde das nicht klappen. Hinzu kommen technische Hilfsmittel, wie z.B. Vergrößerungen, und sehr viel Zeit. Ich wünsche mir, dass die Arbeit von uns Aktiven, damit meine ich alle, die sich für diese Themen stark machen, mehr Menschen erreichen und diese Arbeit größere Wertschätzung erlangt.

Was strebst du mit deiner Aufklärungsarbeit noch an? Sind besondere Projekte geplant, von denen du uns erzählen magst/kannst?

Ich möchte mich kommunalpolitisch engagieren. Ich denke, dass ich so, zumindest bei mir vor der Haustür, etwas erreichen kann. Zudem plane ich gerade die ein oder andere Aktion in Zusammenarbeit mit dem hiesigen Blindenverein. Wie das genau aussehen wird, weiss ich allerdings noch nicht.

Neben deiner Aufklärungsarbeit bist du ebenfalls vielseitig ehrenamtlich tätig. Was sind deine Aufgaben in den verschiedenen Vereinen? Was motiviert dich, dich ehrenamtlich einzusetzen?

Direkte Aufgaben habe ich nicht. Ich beteilige mich gern an Aktionen oder stehe für Brainstorming zur Verfügung. Ich war in jüngeren Jahren bereits ehrenamtlich als Fußballtrainer tätig. Das geht nun leider, aufgrund des Sehens, nicht mehr. Es gibt einfach Aufgaben, für die ich nicht entlohnt werden möchte, weil sie mir Spass machen und wichtig sind. Zudem bin ich niemandem gegenüber verpflichtet. Das gefällt mir auch gut.

Du bist ein Mensch mit vielen unterschiedlichen Hobbies. Ein Thema, das man bei dir immer wieder findet, ist Fußball. Wie muss ein Fußballspiel, ob zu Hause oder im Stadion, sein, damit du daran teilhaben kannst? Was fehlt dir in diesem Zusammenhang noch?

Auf dem Sofa fehlt mir nichts.

Im Stadion sieht das schon etwas anders aus.
Berichten kann ich bisher nur über das Stadion in Kiel. Dort fehlt es an vielen Ecken an der Barrierefreiheit. Auch das könnte für mich noch einmal ein Thema werden. Es gibt die Blindenreporter. Eine tolle Sache! So wird das Spiel über eine App kommentiert und alles, was ich nicht mehr sehen kann, bekomme ich trotzdem mit. Für mich, mit Restsehen, eine perfekte Lösung. Der Nachteil ist, dass es diese Möglichkeit nicht im gesamten Stadion gibt. So ist es mir nicht möglich selber einen Platz im Stadion auszusuchen. Ich wäre gern näher am Spielfeld. In Kiel sind wir „Blinden“ leider ganz oben, hinter den Pfeilern, untergebracht. Das raubt mir zumindest, dem einen oder anderen Zuschauer noch die letzte Sicht. Das ist sehr schade.

Außerdem sind die Wege im Stadionumfeld, also Verpflegung und Toiletten, sowie zur Tribüne aus Kieselsteinen. Das ist sehr schlecht zu pendeln und kontrastreich sind sie auch nicht. Ich würde mir wünschen, dass die KSV Holstein eine Art Begehung mit Betroffenen macht und vielleicht ein offenes Ohr für Verbesserungen in der Barrierefreiheit hat.

Als Fotografin kenne ich es selbst, dass man als blinde Person oft mit Vorurteilen konfrontiert wird, wenn man sagt, man fotografiert gerne. Wie geht es dir dabei?

Tatsächlich erwische ich mich immer wieder dabei, dass ich mein Handy nicht in die Hand nehme, obwohl ich es könnte, nur um mich selbst vor Blicken, Kopfschütteln oder Fragen zu schützen. Eigentlich recht doof, gerade weil ich an der Akzeptanz der Menschen arbeite bzw. an diese appelliere. Ist ähnlich wie bei dir. Nur weil ein Blindenstock oder eine Armbinde dabei ist, heißt es nicht, dass diese Person gar nichts sieht. Diese Vorurteile gilt es aus dem Weg zu räumen.

Was muss sich deiner Meinung nach gesellschaftlich in Bezug auf blinde und sehbehinderte Menschen ändern?

Durch mehr Aufklärung gibt es vielleicht mehr Akzeptanz in der Gesellschaft. Dazu müssen natürlich alle Mitmenschen ein besseres Bewusstsein für Blinde, aber gerade für Sehbehinderte entwickeln. Sehbehinderung ist ein solch großes Spektrum an unterschiedlichen Erkrankungen. Und jeder Mensch ist anders und die jeweilige Krankheit ist auch bei jedem anders. Dieses Denken muss weiter gebracht werden.

Gibt es noch etwas, dass du gerne teilen möchtest?

Ich danke dir, dass ich deine Plattform für dieses Interview nutzen darf. Ich hoffe, dass ich einen kleinen Einblick schaffen konnte und ich würde mich sehr freuen, den ein oder anderen Leser kennenzulernen.
Wir lesen uns!
Euer Alex aka. The Blind Bull

Vielen Dank an The Blind Bull für das Interview

Hier geht es zu den Accounts von The Blind Bull, die im Interview angesprochen wurden.


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Ich bin eine Inklusions-Aktivistin und um weiterhin auf diesem Blog aktiv zu bleiben, recherchieren und schreiben zu können, sowie um meine Aufklärungsarbeit fortzuführen, benötige ich eure Unterstützung. Meine Arbeit erfordert regelmäßige Aufklärungsarbeit, die oft mit Reisen, Interviews und der Bestellung von Büchern für Weiterbildungen verbunden ist. Stöbert durch meine aufklärenden und bewusstseinsfördernden Arbeiten auf verschiedenen Social-Media-Plattformen.

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