Ich glaube, wenn mir mit 16 jemand gesagt hätte, dass Symptome eines seltenen Gendefektes bei mir ausbrechen würden, hätte ich nur skeptisch die Augenbraue nach oben gezogen. Seltene Erkrankungen kannte ich zu diesem Zeitpunkt nur aus Zeitungsartikel und nicht durch mein Umfeld. Wobei wir durch mich erst herausgefunden haben, dass mein Onkel und meine Oma wahrscheinlich selbst bereits dieselben Symptome aufwiesen. Letztlich war ich später selbst die, die in Zeitungsartikeln über ihre seltene Erkrankung sprach.
Oft spreche ich darüber, was seltene Erkrankungen bedeuten, wie wichtig Awareness ist und Sichtbarkeit.
Heute will ich darüber sprechen, wie schwierig es manchmal ist, selten zu sein und wie viel einem das Gefühl von Zugehörigkeit geben kann. Viele der Interviews, die ich geführt habe, haben die Überschrift: „Wir sind selten, aber nicht allein.“
Doch oft habe ich mich allein gefühlt. Gerade am Anfang meiner Reise. Auch wenn ich an sich nicht allein war, so hatte ich niemanden, mit dem ich mich austauschen konnte. Niemanden, der mich wirklich verstand. Als einzige behinderte Person der Familie und als einzige, bei der der Gendefekt ausgebrochen ist, wünschte ich mir oft, dass mein Onkel und meine Oma nicht schon von uns gegangen wären. Plötzlich hatte ich unglaublich viele Fragen an sie. Ich wollte das Verständnis von ihnen, das mir keine andere Person hätte geben können. Und das hat mir oft gefehlt. Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt eine Antwort auf viele Fragen hatte, so hätte ich ihnen diese Antwort auch gerne gegeben. Oder hätten sie diese nicht gebraucht?
2012 zu diesem Zeitpunkt hätte ich diesen Tag bereits nutzen können. Hätte. Wenn da nicht der kleine Fakt gewesen wäre, dass ich zu diesem Zeitpunkt gerade erst wieder zum wiederholten Mal aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Was ich noch nicht wusste: In ein paar Tagen würde eine Diagnose meinen bisherigen Lebensweg auf den Kopf stellen.
Seltene Erkrankung: Eine von vier Millionen
Ich bin eine Person von vier Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung. Laut einer epidemiologischen Studie in Nord-Ost England liegt die Häufigkeit von LHON bei 3 : 100.000. Ich bin eine der drei Personen von 100.000. Ich gehöre zu den 80-90 Prozent mit den drei häufigsten Mutationsformen von LHON. Aber ich gehöre auch zu den 10-15 Prozent der Personen, die nicht nur Genträgerin sind, sondern auch betroffen sind.
Ich weiß nicht, was ich meinem damaligen Ich hätte sagen können. Mein damaliges Ich war wütend. Und das war okay. Wütend über viele Veränderungen und wohl nicht, Fotografie und Medien zu studieren, das Fachabitur in Gestaltung abzubrechen und keine Mediendesignerin mehr zu sein. Wütend mich unfreiwillig vom Traum der Fotografin zu verabschieden.
Aber ich hätte ihr gerne gesagt, dass das, was da kommt, nicht schlechter ist. Dass der Weg zwar wirklich lang wird und anders, aber am Ende Zufriedenheit wartet. Doch dieser Weg führte eben über diese validem Gefühle. Denn sie führten mich an den Punkt, wo ich heute stehe. Sie waren da und gehörten mir und ich habe sie im Prozess der Akzeptanz und Heilung gelebt. Durch diese Gefühle habe ich mich gespürt, gelebt und wusste, dass es nicht das Ende ist.
Und jeder Reise ist so individuell, dass es kein Patentrezept gibt.
Quellen: ProRetina, Medizinisch genetisches Zentrum
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